Wir wollen auf das Bishorn 4153 m

Es war dunkel, viele Partygänger waren gerade auf dem Heimweg, nur Stefan, Willi und ich brachen sehr früh auf in Richtung Alpen. Genaue Uhrzeit als ich das Haus verließ 3:30 Uhr. Unser Ziel war die Schweiz, genauer gesagt der Ort Zinal.

Die Fahrt ab München ist lang, in Stunden ausgedrückt etwa sieben. Eigentlich verrückt so weit zu fahren, nur um einen Berg zu besteigen, oder?

Ankunft Zinal (1675m) und Aufstieg zur Caban de Tracuit (3256m / Übernachtung)

Das Wetter bei unserer Ankunft in Zinal war vielversprechend, wir starteten bei Sonnenschein. Wenn Engel reisen, sage ich nur. Der Aufstieg bis zur Übernachtungsstätte ist aber gleich mal ein Brett mit 1600 Höhenmeter. Oben angekommen merkte man schon sehr, wie die Luft dünner wurde. Seit Abfahrt in München (bei 520 m) waren 15 Stunden vergangen und wir überwanden bis zur Ankunft unserer Unterkunft einen Höhenunterschied von 2700 m.

bishorn zinal parkplatz

Generell zählt das Bishorn zu den leichteren Viertausendern, wenig technische Schwierigkeiten, allerdings muss der Aufstieg ab der Übernachtungshütte Caban de Tracuit in der Seilschaft über den Gletscher erfolgen.

Sprechen wir von der Strecke ab Parkplatz Zinal bis zur Hütte. Die ersten Kilometer sind wenig interessant, führen durch Wald, aber man hat immer wieder den Blick ins Tal. Recht bald wurde es steiler, aber auch das Plateau weiter und mehr und mehr Wiesen breiteten sich aus. Der Wegführung war es einfach zu folgen. Mit Blick auf die Caban de Tracuit wurde der Boden nasser und ging in Schnee über. Auf den letzten Höhenmetern wurde es geröllig, teilweise sogar sehr rutschig. Kurz vor Ankunft durfte man noch eine Kletterstelle überwinden, eine Absicherung durch Seile war jedoch gegeben.

bishorn aufstieg zur tracuithuette

Tracuithütte (Caban de Tracuit)

Die Tracuithütte erreichte ich als Erste, da die Jungs bergauf mit ihren schweren Rucksäcken zu kämpfen hatten und ich einfach nur so schnell wie möglich ankommen wollte. Die Hütte ist bemerkenswert anders, ein futuristischer Bunker und irgendwie wirkte sie auf mich deplatziert. Aber egal, ich war oben. Ich hatte starkes Kopfweh und der Aufstieg war anstrengend genug.

bishorn tracuithuette

Wir hatten Halbpension gebucht und bis zum Abendessen war es nicht mehr lang. Schnell zogen wir uns um und bereiteten schon mal den Rucksack vor und präperierten die Gletscherausrüstung für den nächsten Tag. Das Essen war gut.

Übrigens für die Handysüchtigen unter uns (ich selbst ein ganz großer), Netz gibt es nur vor der Hütte, also viel frieren inklusive.

bishorn tracuithuette ankunft

Aufstieg von der Tracuithütte auf das Bishorn

Wir standen schon früh am nächsten Morgen auf, wie auch unsere Bettnachbarn. Die Nacht verbrachten wir im Matratzenlager. Es war 5:30 Uhr. Mir war nicht so wohl, ich hatte leider am Vortag definitiv zu wenig getrunken und wirklich erholt hatte ich mich vom Aufstieg auch noch nicht. Wir frühstückten eine Kleinigkeit, füllten unsere Wasserbehälter und waren eigentlich startklar. Ja wir waren es, nur war mir zu dem Moment immer noch übel. Also fragte ich die Jungs, ob ich mich noch eine halbe Stunde hinlegen könnte.

Somit starteten wir erst gegen 8 Uhr, geplant war 6:30 Uhr. Für die Schnee- und Eisverhältnisse leider nicht so optimal, weil beides bei Wärme sulzig wird und aufweicht. Dadurch steigt leider das Risiko, dass Schneebrücken, welche über Gletscherspalten führen, eher brechen können. An diesem Tag waren wir die letzte Seilschaft auf dem Weg zum Gipfel des Bishorns. Es waren ja nur ca. 900 Höhenmeter, unter normalen Verhältnissen ja ein Klacks.

Es sollte mein bisher schwerster Aufstieg werden, das Bishorn

Das Gehen in der Seilschaft ist langsam und durch die Abstände ist es doch um einiges ruhiger als bei normalen Wanderungen. Ich war froh nicht viel reden zu müssen. Ich kämpfte mit mir, jeden Höhenmeter den ich machte, setzte einen Fuß vor den anderen. Viele Male dachte ich über Abbruch nach, das Kopfweh quälte mich, die dünne Luft trieb meinen Puls nach oben. War es anfängliche Höhenunverträglichkeit? Allzu oft riskiere ich einfach bei Outdoor-Aktivitäten viel zu wenig zu trinken, aus Angst ständig auf Toilette zu müssen. Es ist jedes Mal das gleiche, Kopfweh die Folge, nur dieses Mal war es einfach viel intensiver. Anzeichen wie Gang- und Stehunsicherheiten hatte ich nicht.

hochtour zum bishorn seilschaft

Stefan und Willi motivierten mich, boten mir auch an, gemeinsam wieder abzusteigen. Das bedeutete allerdings auch für die zwei, dass sie den Gipfel nicht erreichen würden. Eine Seilschaft aus zwei Personen war von vornherein keine Option. Wir steckten immer kleinere Zwischenziele ab, dieser Punkt, jener Punkt usw. weiterhin kämpfte ich mit mir. Unser Vorankommen war langsam, aber wir kamen vorwärts. Persönlich wollte ich bis unterhalb des Gipfels kommen. Von diesem Punkt an konnten meine Begleiter die letzten Meter ja allein gehen.

bishorn gipfel erreicht

Bishorn Besteigung

Ihr wisst ja wie das Spiel geht, die letzten Meter hatte ich dann doch auch noch überwunden und stand glücklich auf dem höchsten Punkt, den ich jemals aus eigener Kraft hochging. Insgesamt benötigten wir für die 900 Höhenmeter 4 Stunden 25 Minuten, mit ganz vielen Pausen.

bishorn gipfel 4153 m

Auf dem Gipfel waren wir die Einzigen, auch klar, waren ja die letzte Seilschaft. Das Bild spricht für sich, ich freute mich oben angekommen zu sein. Lange hielten wir uns allerdings nicht auf, trotz des strahlend blauen Himmels, wurde es schnell zapfig. Es war sehr windig.

Der Abstieg ging wieder einfacher, aber es war nun sehr warm. Die Sonne ballerte alles runter und der Schnee wurde wie vermutet sehr weich und sulzig. Ich glaube wir alle waren glücklich als wir die Hütte erreichten. Ich verabschiedete mich sofort für eine Stunde, um mich hinzulegen und auszuruhen. Wir übernachteten eine weitere Nacht, bevor es wieder zum Parkplatz nach Zinal hinab ging.

bishorn abstieg zur tracuithuette

Fazit

Kann man das sagen, es war ein Geschenk an mich, mich durchzubeißen, um danach jubeln zu können? Sicher war es nicht unbedingt klug, was wäre wenn gewesen? Letztendlich kenne ich meinen Körper und generell habe ich das Problem, dass ich bei körperlichen Anstrengungen unterwegs, einfach zu wenig trinke. Grund kennt ihr bereits und ich glaube ich bin mit dem Problem nicht allein. Bei dieser Tour war ich mir wirklich nicht sicher, ob es erste Anzeichen einer Höhenunverträglichkeit waren oder einfach zu wenig Flüssigkeit?

Für weitere Touren dieser Art nehme ich allerdings mit, dass die Akklimatisation wichtig ist.

Nehmt es mir bitte nicht übel, dass ich vielleicht doch einen Schritt zu weit gegangen bin, aber generell habe ich gelernt. Der Aufstieg in der Geschwindigkeit von 500 auf 4100 innerhalb von 36 bis 48 Stunden ist leider nicht gesund. Dennoch freue ich mich über meinen Erfolg meinen ersten Viertausender in der Tasche zu haben. Es war kein leichter Weg, aber ein wunderschöner, wenn man die Gegebenheiten einfach mal beiseiteschiebt. Die Bilder sprechen für sich, was meint ihr?

Ein paar Daten:

Zeitbedarf: 3 Tage

Strecke: Zinal – Caban de Tracuit – Bishorn – Caban de Tracuit – Zinal

Auf-/Abstieg: je 2600 Höhenmeter

Kosten Übernachtung: EUR 80,- / Nacht inkl. Essen

Material: Pickel, Gletscherset und Steigeisen (Ausleih über DAV)

Weitere Informationen: 10 Grundregeln beim Höhenbergsteigen & Der Körper in dünner Luft

Fotocredit: Stefan Schaaf (PEAK ART IMAGES)

hochtour auf das bishorn aussicht

bishorn tour und besteigung

bishorn gletscherspalten

bishorn gletscherspalte