Danke Transalpine Run und was kommt danach ?
- Cindy Haase
- 18. Sept. 2016
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. März
Gibt es noch Ziele nach dem Transalpine Run?
Der Transalpine Run liegt nun schon wieder ein paar Tage zurück und das Leiden ist weniger geworden, die stolze Brust weiter gewachsen und alles sieht wieder positiver aus. Auch der Heulanfall während Etappe 6 ist vergessen, bei welchem ich den stärksten Drang des Aufgebens verspürte. Ich sitze nun hier vor meinem Laptop und irgendwie ist mir langweilig. Die lange Vorbereitung des Wettkampfes ist vorbei, das Adrenalin weg, mein Kalender wieder leerer, ich bin unterfordert. Komisches Gefühl, aber ist so.
Ich möchte den Transalpine Run kurz Revue passieren lassen, es war etwas großartiges. Dieses Event hat meinen ganzen Sommer 2016 bestimmt, bei Wind und Wetter und auch Sonnenschein ging es in die Berge und es war rückblickend ein wunderbares Jahr bisher. (Kompletter Tagesbericht, jeweils verlinkt)
Etappen:
Etappe 1: anstrengender Start in die Woche mit tollen Ausblicken. Die Strecke führte uns von Garmisch-Partenkirchen nach Lermoss. Erstes Problem mein Puls, wahrscheinlich von der maximalen Aufregung vorm Start. Im Ziel sind wir hüpfend und glücklich eingetroffen.
Etappe 2: eine der schönsten Etappen, es ging von Lermoos nach Imst. Der Downhill war ein Highlight. Die ersten Schmerzen meldeten sich bereits und die Beine wurden schwerer.
Etappe 3: die Königsetappe, welche nicht enden wollte und wir immer wieder Anstiege über Anstiege überwinden mussten. Am Ende sind wir von Imst nach Mandarfen 52 km und 12 Stunden unterwegs gewesen. Im Ziel Glücksgefühl die "eigentlich" härteste Etappe geschafft zu haben.
Etappe 4: am 4. Tag erreichten wir den höchsten Punkt des Transalpine Run. Diese Etappe führte uns von Mardarfen nach Sölden. Ich musste regelrecht kämpfen, da mir wegen Übelkeit und Magenproblemen die Energie ausging. Mein Laufpartner Geo hatte erste Probleme mit seinem Schienbein.
Etappe 5: ein guter Tag, die Strecke von Sölden nach St. Leonhard de Passeier war weniger technisch und dadurch weniger anstrengend. Wir konnten den Lauf und die hervorragenden Trails genießen.
Etappe 6: ich erlebte meinen persönlichen Tiefpunkt an diesem Lauftag von St. Leonhard nach Sarnthein, war der Aufgabe nahe und die Tränen floßen. Die Umgebung war atemberaubend schön, aber der Stress und die Anstrengung leider für mich beim Maximum. Im Ziel empfand ich nur Enttäuschung.
Etappe 7: unser Tag, Strategie geändert, schneller Start, um dem Zeitlimit davon zu laufen. Die Vorfreude auf Brixen trug mich. Für Geo war es leider ein schmerzhafter Abstieg. Der letzte Kilometer durch die Innenstadt mit Gänsehaut. Hurra eine unvergessliche, emotionale Woche fand sein Ende mit dem fettesten Lächeln im Ziel.
Und was bleibt vom Abenteuer Transalpine Run?
Ganz viele Gedanken
- Ziele setzen sind wichtig, somit kann man dem Alltag entspringen und seinen Träumen folgen. Das Gefühlskarussell, welches man dabei erlebt und die Glückshormone, die man spürt, entlohnen für all das harte Training. Man lebt.
- Wir können alles schaffen, wenn wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren und Hindernisse möglichst aus dem Weg schaffen. Dranbleiben lohnt sich.
- Ich selbst musste erfahren, es gibt Momente in denen mir einfach die Luft wegbleibt, ich mundfaul bin und einfach auch mal schweigen kann. Auch dass gab es während dem Transalpine Run.
- Mein Körper zeigte mir Schwächen auf, die ich bisher nicht von mir in der Extreme kannte, Thema Übelkeit, Appetitlosigkeit und Grenzerfahrung.
- Team, nur gemeinsam sind wir stark! Loslassen und Verantwortung abgeben, auch das habe ich gelernt und bin meinem Laufpartner Geo unendlich dankbar dafür.
- Routine ist nicht langweilig, sondern hat während dem Transalpine Run eine gewisse Ruhe und Halt vermittelt.
Happy End ?
Ursprünglich wollte ich beweisen, dass jeder diese Alpenüberquerung schaffen kann, vorausgesetzt man ist unverletzt, aber diese Aussage muss ich leider revidieren. Ich hatte teilweise das Gefühl, ich kann es nicht schaffen, war der Aufgabe nahe, hätte nur noch heulen können. Diese Erfahrung war härter als gedacht. Eine adäquate Trainingsvorbereitung ist immens wichtig, eine gesunde Selbsteinschätzung hilfreich. Ich möchte jedem empfehlen, ein solches Abenteuer zu bestreiten und vor allem persönliche Grenzen auszuloten, aber es wird nicht für jeden ein Happy End geben.
Deswegen ein paar Tipps, welche dieses Erlebnis zusätzlich erleichtern.
- Hotels frühzeitig buchen und unbedingt darauf achten, dass Start und Ziel zu Fuß erreichbar sind. War bei uns aufgrund der späten Anmeldung leider nicht mehr möglich, da die Unterkünfte vor Ort nicht im Überfluß herrschen oder meist gar nicht nur für eine Nacht zu bekommen waren. Dann lieber direkt vor Ort ein Zimmer buchen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass im Zielbereich immer ein paar Ansprechpartner des Tourismusbüros der einzelnen Orte anwesend waren und hilfreich Unterkünfte vermittelten. Auch dass ist nicht optimal, da der Taschenlieferservice dadurch aufgehoben ist, aber besser als in Hektik irgendwo 15-20 km weg ein Hotel buchen, was die Erreichbarkeit von Start/Ziel, Pasta Party und Massage mehr als erschwert. Wenn ihr einen Partner/Freund/in/Eltern etc. habt, die euch gerne an der Strecke anfeuern, gern den Fahrdienst und ähnliches übernehmen würden, dass wäre purer Luxus und sozusagen 5 Sterne deluxe.
- Wenn ihr genug Urlaubstage übrig habt, nehmt ein paar Tage vorher und viel wichtiger danach. Ich für mein Teil muss gestehen, dass die ersten 4-5 Tage nach dem Transalpine Run der reinste Horror waren, die Müdigkeit und auch Schmerzen in meinen Füßen waren sehr unangenehm und ich stand regelrecht neben mir. Ich tat mir schwer reibungslos meinen Alltag zu bestreiten.
- Thema Blasenvermeidung, da kann ich euch wirklich die besten Tipps geben, zumindest für meine Verhältnisse bin ich fast schmerzfrei über die Alpen gekommen. Die Fersen hatte ich voll mit Kinesio-Tape zugeklebt und zusätzlich die gesamten Füße mit Zero-Friction (gibts sicherlich auch Alternativen) eingeschmiert. Natürlich hatte ich auch viele Blasen, vor allem an den Zehen, welche weh taten, aber blutig gelaufen hatte ich mir nichts und ich konnte jede Etappe einigermaßen gut durchlaufen.
- Der einfachste Tipp überhaupt, vergesst die Sonnencreme niemals!
- Die guten Wanderstöcke wollte ich erst gar nicht mitnehmen und da ich noch genügend Platz in der Tasche hatte, doch in letzter Minute dafür entschieden. Ich behaupte, ohne Wanderstöcke hätten wir so manche Etappe nicht überstanden. Sie gaben uns Halt, reduzierten die Belastung auf unsere Gelenke und wir kamen an so mancher Passage schneller vorbei. Unbedingt mitnehmen.
- Für mich gestaltete sich die Energieversorgung als einer der größten Herausforderungen. Schon schnell sagte mein Körper er will nicht essen und signalisierte Übelkeit. Die Energie reichte natürlich kaum aus, die täglichen Strapazen zu überstehen. Ich ging dazu über, gesalzene Nüsse und Cola zu mir zu nehmen, was ich sehr gut vertrug und mir zumindest einige Power gab. Für ein nächstes Mal würde ich versuchen immer Kleinigkeiten zu essen, auch wenn man keinen Hunger verspürt, um somit die Energieversorgung zu optimieren.
- So und last but not least, dass Wichtigste, der Laufpartner. Hier ist es wie mit einem Reisepartner, nur noch viel intensiver. Es muss harmonieren. Auch ist es wichtig, dass beide das gleiche Ziel haben, sonst wird es zur Hölle für den einen und auch für den anderen. Es wird meist so sein, dass einer, der Stärkere ist, es muss klar sein, dass hier trotzdem das gemeinsame Durchkommen zählt.
Wenn euch noch was interessiert, einfällt, ihr Fragen habt oder auch noch Tipps, dann schreibt es in die Kommentare.
Transalpine Run 2.0?
Auf die Frage: Würde ich nächstes Jahr trotzdem wieder mitlaufen? Was kommt als nächstes Ziel? Ich habe da gerade keine Antworten und muss erst mal alles sacken lassen. Dennoch die Reise mit mir durch sportliche Abenteuer geht auf jeden Fall weiter, to be continued ;) Eure Cindy Mit freundlicher Unterstützung von Viking Footwear, Suunto, 2XU, Sziols, TomTom, Casio, Orthomol Sport
Originalkommentar von miastahler: 30. August 2020 um 19:08 Uhr
Hallo Cindy,dein Bericht ist dir wirklich sehr gelungen und hat mich ebenfalls motiviert.
Danke dafür!
Original kommentar von Uwe: 7. November 2019 um 9:15 Uhr
Hallo Cindy,Dein Bericht ist total motivierend. Vor allem, weil ich den TAR auch noch auf meiner Bucket List habe. Mir hat die Stelle mit den Routinen gut gefallen. Du schreibst, dass die alles andere als langweilig sind, sondern einem Sicherheit und Ruhe geben. Und genau das ist auch meine Erfahrung. Eingeübte Routinen bringen einem Sportler Sicherheit und ermöglichen ein gleichbleibendes Leistungsniveau. Natürlich kann man diese Routinen auch laufend optimieren, aber nicht zu viel auf einmal.
Na wie auch immer…… danke für den tollen Bericht,
Uwe (vom OCR Munich) 😉
Originalkommentar von Daniel: 30. August 2018 um 13:45 Uhr
Hey Cindy, ich bin in diesem Jahr dran. Wie ist denn die Verpflegung auf der Strecke. Bekommt man da die Nüsse und Cola, die Du angesprochen hast, oder muss man das selbst mitnehmen?
Originalkommentar von Daniel: 16. April 2018 um 14:18 Uhr
Ich werde in diesem Jahr an den Start gehen. Super, daß ich bei Dir gleich den Bericht gefunden habe – dann weiß ich ja auf was ich mich einlasse!
Originalkommentar von Markus Weidner: 18. September 2016 um 23:27 Uhr
Ich war da dabei, Dein Bericht ist wunderbar, kann jeden Gedanken bestätigen. Danke dafür. Tränen…. Bin bei km 200 am Zeitlimit gescheitert und weiß, dass ich es schaffen kann, 2017, mit den Learnings aus diesem Jahr.